Auflösung der Olympia-Kader : Klare Worte von Hinrich Romeike

Beim CHIO in Aachen wird Hinrich Romeike (Foto) als Aktivenvertreter erstmals nach dem sensationellen Geständnis von Ludger Beerbaum auf die Reiter treffen, die der Gewinner von Doppelgold in Peking in der Vielseitigkeit außerhalb seiner Disziplin vertreten soll. Auf Pferde-Welt tat er vorab schon seine Meinung kund. Aussagen zum Thema machte in Luhmühlen auch der Turniertierarzt Dr. Olaf Neuberg aus Salzhausen. Bundestrainer Hans Melzer nahm ebenfalls Stellung zum Thema.

Was bedeutet die Auflösung der Olympia-Kader, ist das nicht Augenwischerei der FN, die bisher nicht gerade mit Aufklärung und harten Strafen geglänzt hat im Kampf gegen Doping und unerlaubte Trainingsmethoden?
Martin Plewa
, Bundestrainer a. D. und heute Leiter der Westfälischen Reitschule in Münster, technischer Delegierter in Luhmühlen beim Weltcup: "Außer einer Signalwirkung ist von der Auflösung der Kader nichts zu erwarten. So weit ich weiß, zahlt die Sporthilfe weiter".
Hinrich Romeike: "Nein, die Sporthilfe hat schon die Zahlungen eingestellt! Mich betrifft das nicht, aber ein paar andere schon!"

Haben die Sponsoren schon auf die Doping-Affäre reagiert?
Hinrich Romeike: "Die fragen schon nach! Bisher lassen sie sich aber noch beruhigen. Schließlich ist in den letzten Jahren kein Fall von Doping in der Vielseitigkeit bekannt geworden."

Unsicherheit hat dagegen das unerwartete Geständnis von Ludger Beerbaum ausgelöst, der damit droht, nicht mehr für Deutschland zu reiten. Ingrid Klimke hat für ihr Pferd Butts Abraxas die gleiche Sponsorin wie Ludger Beerbaum und Isabell Werth, Madeleine Winter-Schulze. Die Goldreiterin von Hongkong mochte sich zu dem Thema nicht äußern.
Hinrich Romeike ist da mutiger: "Dazu kann ich nichts sagen, weil ich nicht weiß, ob er das so gesagt hat. Aber ich bin dafür, dass wir alle jetzt an einem Strang ziehen, alle Disziplinen, um das zu klären und um Stellung zu beziehen für einen sauberen Sport. Wenn der Verband nicht dafür sorgt, muss man sich eben Hilfe von Außen holen und dafür ist ja jetzt diese Kommission da, die alle Reiter befragen wird."

Ob denn die Steiner-Kommission durch bloße Befragung herausfinden kann, ob Reiter sich tatsächlich an die Regeln halten?
Diese Frage stellt sich auch Romeike: "Das wird sich zeigen. Zuerst müssen die Springreiter Aussagen machen, dann die Dressurreiter und dann kommen wir. Es wird schon spannend, wie diese Fragen gestellt werden."

Aktivenvertreter Hinrich Romeike könnte mit seinen mutigen Aussagen in Aachen schon zwischen den Stühlen sitzen, denn Reiter aus der Vielseitigkeit waren in den vergangenen Jahren immer schon gern die Prügelknaben für Reiter und Medien, die Härte ihrer Disziplin betreffend.
Hinrich Romeike:
"Ich gebe zu, dass ich es mit Genugtuung sehe, dass wir nicht die Bösen sind, nachdem viele immer auf uns eingeschlagen haben. Wenn wir aber nicht alle zusammen ein Bekenntnis abgeben, wird es schwierig, unseren Status zu halten."

Die Diskussion um Doping wird unter dem Aspekt der Leistungssteigerung der Pferde geführt, aber was ist mit Medikationen zur Regeneration der Pferde, die dann früher wieder fit sein könnten?
Hinrich Romeike:
"Das muss jeder für sich entscheiden und verantworten können. Für mich kommt das nicht in Frage, Marius einzusetzen, wenn er nicht fit ist. Mein Pferd ist gerade verletzt und er bekommt die Zeit, die er braucht. Auch, wenn mich das die EM Teilnahme im September kostet. Ich denke langfristig und unsere Pferde werden inzwischen im Sport immer älter, bleiben länger gesund."
Ein Argument für ein langes Leben "im Buschreiten" ist das Pferd von Bettina Hoy, Ringwood Cockatoo. Der Wallach ist 18 Jahre alt und gilt für die Europameisterschaften in Frankreich als gesetzt!

Romeike ist einer der wenigen Amateure im Sport, die ihren Lebensunterhalt nicht mit dem Reiten verdienen müssen. Da stellt sich die Frage, ob Profis eher drauf angewiesen sind, die Pferde übernatürlich fit halten zu müssen.
Hinrich Romeike
: "Bei den Spring- und Dressurreitern vielleicht, weil die jede Woche starten müssen und weil es da um viel Geld geht. Fällt ein Pferd aus, ist das ein Verlust, der sich deutlich bemerkbar macht."
Aber dieses Argument hätten Profis wie Ingrid Klimke oder Andreas Dibowski auch.
Dr. Olaf Neuberg: "Die haben weniger Einsätze in der Vielseitigkeit und die Pferde haben daher mehr Zeit für die Regeneration. Außerdem dauert es lange, bis ein Pferd auf vier Sterne Niveau ist. Das ist besonders wertvoll, das gefährdet keiner leichtfertig, und wenn einer so ein Pferd nur alle fünf Jahre findet, geht er damit besonders gut um".

Seit die "Buschreiter" mit Trainern aus dem Springen und der Dressur arbeiten, ist die Gefahr größer, dass mal einer sagt: "Nimm` für Dein Pferd mal dies oder das".
Hinrich Romeike
: "Das muss jeder für sich beantworten. Das ist für mich doch eine Charakterfrage! Ich erwarte, dass einer, der sich nicht an die Regeln hält, hart bestraft wird! Die Strafe muss eine Abschreckung sein! Wenn einer sich nicht dran hält, muss der eben aus dem Verkehr gezogen werden. Ist ein Reiter mal zwei Jahre gesperrt, wird er sich das wohl überlegen."

Da schließt sich die Frage an, was Doping für Buschpferde überhaupt bringen würde, welche Wirkung damit erzielt werden könnte?
Dazu sagt Bundestrainer Hans Melzer: "Im Gelände kommt es ja nicht drauf an, Pferde schneller zu machen. Wenn die was zur Leistungssteigerung bekommen, werden sie vielleicht unaufmerksam und machen Fehler oder sind zu heiß, das ist also kein Vorteil."
Hinrich Romeike ergänzt:" ..und ich riskiere neben der Gesundheit des Pferdes auch meine eigene, wenn ich mit einem Pferd starte, das nicht in Ordnung ist."

Dr. Olaf Neuberg aktuell befragt zum Fall Marco Kutscher und Cornet Oblensky: "Mir kommt es schon so vor, als wären nicht die Pferde das Problem, die brauchen meistens gar keine Medikamente. Die Vorstellung, das die was brauchen, gibt es oft nur im Kopf der Reiter!"
Dr. Neuberg weiter: "Ich mache gern bei Pferden, die ich betreue, nach einem Turnier freiwillige Kontrollen, um zu sehen, wie fit die sind, oder wenn es Probleme gab, wie schnell das Pferd regeneriert. Da bin ich auf den Reiter angewiesen, die machen alle gut mit."

Dr. Neuberg gibt zu, dass er über den Einsatz in Hongkong bei Kutschers Pferd, dem Laktanase und Arnika injiziert wurden, nicht viel weiß. Sein Kollege Dr. Björn Nolting hatte sich als Mannschaftsvet der Springreiter damit herausgeredet, dass er die Mittel nur nicht rechtzeitig anmelden konnte und die Pflegerin des Pferdes die Spritze unerlaubt gegeben hatte. Wozu aber homöopathische Mittel wie Arnika?
Dr. Neuberg: "Mit Homöopathie kenne ich mich nicht aus. Laktanase ist mir von der Substanz bekannt, aber ich kann nur raten, was das bewirkt. Wir sollten einfach dafür sorgen, dass nur gesunde Pferde am Start sind, dann stellt sich diese Frage nicht. Medikamente sind oft gar nicht notwendig, wenn die Tierärzte und Reiter einfach mal nachdenken über die Ursachen." - Dr. Neuberg gibt dafür ein Beispiel: "Ich habe in England bei einem Turnier einen Reiter betreut. Die Pferde hatten nach dem Transport Husten und ich sollte da was geben. Es lag aber an der Einstreu, alle Pferde in dem Stall husteten auf einmal. Wir haben dann die Späne mit Wasser übergossen und nach einer Viertelstunde hat keins mehr gehustet. So einfach ist das manchmal."

Viele Turniertierärzte haben Probleme damit, dass sie Pferde im Turnier untersuchen müssen, die sonst zu ihren Kunden gehören, und keiner will es sich mit seiner Kundschaft verderben. Das hält Dr. Neuberg für eine schlechte Ausrede: "Damit habe ich überhaupt keine Probleme! Wenn wir das als Tierärzte nicht beurteilen, ob ein Pferd die Prüfung gehen kann, wer dann? Ist ein Pferd verletzt, entscheide ich von Fall zu Fall, ob das Pferd sich im Verlauf des Turniers erholen kann oder ob es nicht mehr starten darf. Dafür sind wir doch da!"

Ingrid Klimke hat für ein Interview (ARD Sportschau) freiwillig ihr Stallbuch vorgelegt, aber es gibt Gerüchte, dass da gerade ein Pferd in eine Klinik nach Berlin gebracht wurde.
Hans Melzer:
"Eine Tierärztin hatte bei einem Pferd erhöhte Leberwerte festgestellt, das bei Ingrid zum Ausprobieren war. Die Tierärztin hat mit Klage auf Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht gedroht, der Pferdebesitzerin dazu geraten, den Hengst sofort dort abzuholen. Die Sache ist geklärt, da ist nichts dran." Das betreffende Pferd war vorher bei Michael Jung, Sieger beim Weltcup CCI**** in Luhmühlen und absoluter Newcomer in der Königsklasse. Jung sagt dazu: "Die Pferdebesitzerin gilt überall als etwas schwierig. Sie hat das Pferd bei mir abholen lassen und zu Ingrid Klimke gebracht. Der Hengst war in Ordnung, als er bei mir abgeholt wurde. Nach meiner Information war das auch die Ursache, dass sich Ingrid mit der Pferdebesitzerin nicht einig wurde über die Bedingungen und die Zusammenarbeit schon deshalb im Vorfeld von ihr beendet wurde."
Eine Stellungnahme von Ingrid Klimke steht noch aus.

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Foto 1: Claas Romeike, Foto 2: ALRV/Strauch

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