Elegant und ausdrucksstark: Lipizzaner

Durch die Spanische Hofreitschule in Wien gelangten sie zu Weltruhm, doch die Geschichte der Lipizzaner reicht noch wesentlich weiter zurück: Bereits im 16. Jahrhundert schätzte man ihre Eleganz und Ausdruckskraft und somit gilt der "Kaiserschimmel" des habsburgischen Hofes heute als älteste methodisch gezüchtete Pferderasse Europas. Ein Rasseporträt von Sylke Schulte.


Die Zucht, die ihren Ursprung in Lipicia, im heutigen Slowenien, hat, begann im Jahre 1580 und ging aus Kreuzungen des robusten Karstpferdes mit spanischen und andalusischen Pferden hervor. Bis heute können alle Lipizzaner auf einen der sechs Gründerhengste Pluto, Conversano, Neapolitano, Maestoso, Favory oder Siglavy zurückgeführt werden. Durch meist kriegsbedingte Evakuierungen verbreiteten sich die Lipizzaner in ganz Europa, was eine einheitliche Zucht nach Kriegsende erschwerte. Einige Exemplare fanden sogar ihren Weg in die USA und so existieren heute neben den offiziellen Gestüten vor allem in Osteuropa auch einzelne Privatzuchten. Um den Rassebestand zu garantieren, wurde 1986 die Internationale Lipizzanervereinigung L.I.F. gegründet, die das internationale Zuchtbuch führt und es sich zur Aufgabe gemacht hat, Zuchtbestimmungen und -ziele durchzusetzen. Dass der Lipizzaner nicht nur in seiner Funktion als kulturelles Symbol und gelebter Barock besonderen Schutzes bedarf, beweist auch sein Eintrag in die Rote Liste der vom Aussterben bedrohten Haustierrassen im Jahre 1995. Der weltweite Bestand wird heute auf ein paar tausend Pferde geschätzt.

Schon sehr früh wurden zur Zucht vornehmlich Schimmel eingesetzt, da sie in Adelskreisen als eleganter und stilvoller galten, und so ist heute der überwältigende Großteil dieser Prunkpferde weiß. Da die Ansprüche an den Lipizzaner heute vom barocken Paradepferd bis zum Sportpferd variieren, weicht auch sein Erscheinungsbild hier und da ein wenig ab, der Grundtyp dieser Pferde hat sich jedoch über die Jahrhunderte erhalten. Mit einem Stockmaß zwischen 1,50 und 1,60 Metern (in Deutschland liegt das angestrebte Zuchtziel bei 1,56-1,58 Metern), einem relativ großem Kopf, einem hoch angesetzten, muskulösen Hals, einem mittellangen Rücken und einer sehr gut bemuskelten Hinterhand ist der Lipizzaner eine sehr imposante und eindrucksvolle Erscheinung. Dieser Eindruck wird von seinen kraftvollen und trotzdem graziösen Bewegungen mit hoher Knieaktion in Piaffen und Passagen noch verstärkt, was den Lipizzaner zu einem ausgezeichneten Kandidaten für die Lektionen der Hohen Schule auf und über der Erde macht. Ursprünglich kam die besondere Rittigkeit und Wendigkeit dieser Pferde den Soldaten auf dem Schlachtfeld zugute.

Liebhaber der Rasse schätzen vor allem den Eifer, den Lipizzaner bei all ihren Aufgaben - egal ob in der Hohen Dressur oder vor der Kutsche - an den Tag legen. Trotz ihres ausgeprägten Temperamentes sind sie sehr menschenbezogen und freundlich. Haben sie erst einmal zu ihrem Reiter Vertrauen gefasst, entsteht oft eine enge Bindung. Experten führen die Zurückhaltung der Freizeitreiter gegenüber Lipizzanern vor allem auf ihr Image zurück. Trotz Bemühungen der Zuchtverbände, Lipizzaner als niveauvolle Freizeitpferde zu etablieren, besteht in den Köpfen der Öffentlichkeit noch immer das Bild des klassisch-barocken Lipizzaners der Spanischen Hofreitschule, dessen Bestimmung in Piaffen und Kapriolen liegt. Dabei steckt soviel mehr in diesen intelligenten, gelehrigen und vielseitigen Pferden - die eben doch mehr als "nur" Kaiserpferde sind.

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